Mittwoch, 1. Oktober 2014

Missing New York  

"Der Morgen in Manhattan kam mit dem Poltern und Zischen eines Müllautos, das die Sünden der Nacht bereinigte."

Verlag: Droemer-Knaur - 395 Seiten - ISBN: 3426304287 - Veröffentlichung: 1. Oktober 2014 - Originaltitel: Missing. New York

Klappentext

Die ganze Stadt ist in Aufruhr: Die siebenjährige Hailey ist spurlos verschwunden. Vom Täter keine Spur. Einzig Frank Decker glaubt, dass das Mädchen noch lebt, irgendwo versteckt. Er ist der typische Cop, wortkarg und unbestechlich. Doch was niemand ahnt: Er hat ein weiches Herz. Für seine Ex-Frau und die Opfer der Verbrecher. So macht er sich mit unerbittlicher Konsequenz auf die Suche nach Hailey. Er kündigt schließlich sogar seinen Job, packt das Auto voll und folgt einem vagen Hinweis, der ihn nach New York führt. Denn hat er sich einmal in einen Fall verbissen, lässt er nicht locker, bis er ihn - egal wie - gelöst hat. Er ist ein besessener Kämpfer gegen das Unrecht, ein Getriebener, der Gerechtigkeit sucht.

Meine Meinung

Was habe ich mich auf "Missing. New York" gefreut. Endlich etwas Neues von Don Winslow. Für mein Bücherregal. Aber vor allem für mein Gemüt. Ich schätze Don Winslow sehr. 

Und einiges ist neu: neuer Verlag, jetzt Droemer-Knaur und nicht mehr Suhrkamp (obwohl im Frühjahr die Erstlingswerke noch dort erscheinen) und die erste Geschichte aus der Ich-Perspektive.
 Mein alter Lehrer im Englisch LK hat immer gesagt, dass in guten Geschichten bzw. in denen von Shakespeare (ohja..), die ganze Geschichte auf der ersten Seite geschrieben steht. In meinem Fall war das bei MacBeth (danke Bill..). Don Winslow macht es ähnlich. Ein bisschen jedenfalls..
Bitte kommt mir jetzt nicht mit Mails von wegen "wie kann der nur Shakespeare mit Don Winslow in einen Satz bringen".

Der Beginn des Buchs erinnerte mich (leider) an "Stiller Zorn" von James Sallis. Ich kann nicht mal genau beschreiben warum. Ob es an der tristen Einöde liegt oder an der Stimmung. Es kam mir sehr ähnlich vor. Deprimierend. Aber mit diesem Gefühl trifft es das Buch vermutlich genau, wenn ein kleines Mädchen verschwindet. Und noch eins. (Ich komme mir im übrigen langsam so vor, wie ein Magnet für dieses Themengebiet..)
Ich habe gewissermaßen nach Don Winslow gesucht. Zumindest auf den ersten Seiten. Doch dann kam der Zynismus zurück, der Humor, der mir so viel Spaß macht. Die Vergleiche und Wortspiele. Zwar nicht so überschäumend wie man es kennt, aber pointiert, an den richtigen Stellen.
"Ich weiß, man soll Minderheiten nicht hassen, aber ich hasse Speed-Junkies. Tut mir leid, ich kann nicht anders. Neben einem Speed-Junkie sieht ein echter Junkie aus wie Bill Gates. Speed-Junkies haben so viel Hirnsubstanz verbrannt, dass sie für den Kongress kandidieren und gewinnen können"
Und dann trifft euch, von einer witzigen Sekunde auf die andere, die bittere Erkenntnis ins Mark. Und ab Seite, hmm.. 190, werdet ihr das Buch nicht mehr aus der Hand legen. 190 klingt jetzt nach langem, zähen Lesen, das ist es aber nicht. Aber ab diesem Zeitpunkt nimmt die Story an Fahrt auf. Die Kapitel werden besonders gegen Ende kürzer. Gegen Ende zeigt sich auch, wie geschickt alles zusammenpasst. Zwischendurch hatte ich die Befürchtung, dass der ganze Plot doch zu sehr an den Haaren herbeigezogen ist, aber dem ist nicht so. Keine Figur ist unwichtig. Und diese Erkenntnis ist erschütternd.

Fazit

Hat sich das Warten auf ein neues Buch gelohnt?? Ja. Klingt es nach Don Winslow?? Ja. Na also :-) 
"Missing. New York" zeigt uns Don Winslow, wie er leibt und lebt. Das Buch ist kurzweilig, macht Spaß und bereitet den Weg für eine neue Thriller-Reihe mit Frank Decker.



Falls euch das Buch mal aus der Hand fällt, weil ihr die Augen einfach nicht länger offen halten könnt, gibt es noch eine Überraschung: Das Cover leuchtet im Dunkeln, zumindest der Schriftzug.

@Klappentextschreiber: Ich will nicht klugscheißen, aber Hailey ist 5 als sie verschwindet. Nicht 7.. 

Am 4.11. ist Don Winslow im Rahmen der Lit.Cologne für eine Lesung in der Stadt. Vielleicht sieht man sich ja.

Wer twittert, sollte abgesehen von wassollichlesen, auch Don Winslow folgen (@donwinslow

Wem "Missing. New York" gefällt, der mag auch alles andere von Don Winslow. Außer vielleicht "Vergeltung".

2 Kommentare:

DieLeserin hat gesagt…

Ich glaube, ich hatte Glück, dass "Missing. New York" mein erster Winslow war und ich dadurch keinen Vergleich zu seinen früheren Werken hatte. Mir gefiel das Buch megatoll und inzwischen habe ich schon einen weiteren Winslow auf meinen SuB liegen (Vergeltung).
Aber mir wurde jetzt schon öfter gesagt, dass es nicht der beste Winslow sei (ist angeblich Vergeltung auch nicht)- umso mehr freue ich mich, dass ich mit den "schlechteren" Winslow-Büchern beginnen kann (wo ich zumindest von einem schon sehr begeistert war) und mich auf die super tollen noch freuen kann ;-).

Bei mir war es übrigens die Kombination Hauptfigur + Erzählstil, die mich so begeistern konnte.

Liebe Grüße, Iris

PS: Hast du Vergeltung auch schon gelesen?

wassollichlesen hat gesagt…

Bei "Vergeltung" habe ich mich "mal so reingelesen".. Wobei mich der Klappentext und die diversen schlechten Kritiken nicht überzeugen konnten, mir dann doch das ganze Buch durchzulesen. Vielleicht kannst du mich ja umstimmen.
Es ist wirklich gut, dass "Missing..." dein erstes Buch von ihm war. Der Erzählstil ist toll. Wobei er bei "Kings of Cool" und "Zeit des Zorn" noch viel kreativer ist (siehe z.B. http://wassollichlesen.blogspot.de/2013/11/KingsofCool.html). Das Problem ist, dass man dann automatisch mit den anderen Büchern vergleicht und vielleicht eine schlechtere Meinung hat.
Sein bestes Buch ist ohne Zweifel "Tage der Toten". Aber alles andere ist auch toll :-)
"Satori" habe ich noch nicht gelesen.